Worms – eine „schreckliche“ Stadt?

Victor Hugo – Der Rhein, Brief XXVI
Organisation Nathalie Planer & Gabi Wührmann
Bericht Gabi Wührmann
Titelbild Martin Reiners

vor dem Luther-Denk­mal zum Reichs­tag in Worms: Hier ste­he ich. Ich kann nicht anders!

Wir haben mit Victor Hugo schon so eini­ge Städ­te am Rhein ken­nen gelernt, aber kei­ne hat er so wider­sprüch­lich beschrie­ben wie Worms. Man muss ihm zu Gute hal­ten, dass sein Start recht ver­un­glückt war. Der Kapi­tän lässt ihn als ein­zi­gen Pas­sa­gier irgend­wo am Rhein aus­stei­gen und kei­ner weiß so recht, was er in die­ser Stadt eigent­lich will. Er beschreibt es ein biss­chen wie ein Ruck­sack-Rei­sen­der in Süd­ame­ri­ka, der mit­ten im Nir­gend­wo aus dem Bus steigt. Nichts ist zu sehen, nur ein paar Ein­hei­mi­sche hän­gen rum und zei­gen wenig Inter­es­se an ihm. Irgend­wie läuft er dann doch mit einem Gepäck­trä­ger los und fin­det sein Hotel, als es schon dun­kel ist. Von der Stadt scheint er maß­los ent­täuscht zu sein, denn der Glanz der Stadt der Reichs­ta­ge ist arg ver­blasst und die Leu­te fin­det er komisch und ein biss­chen hin­ter­wäld­le­risch. Nur vom Dom lässt er sich begeis­tern und fin­det in der Beschrei­bung zu sei­ner gan­zen lite­ra­ri­schen Wucht zurück in der aus­führ­li­chen Beschrei­bung von des­sen Archi­tek­tur und Ausstattung.

Auftakt vor dem Wormser Dom: Gabi Wührmann und Nathalie Planer erläutern das Tagesprogramm
Auf­takt vor dem Worm­ser Dom: Gabi Wühr­mann und Natha­lie Pla­ner erläu­tern das Tagesprogramm

Und genau hier am roma­ni­schen Dom tref­fen wir uns Urban Sket­cher. Gabi Wühr­mann und Natha­lie Pla­ner stel­len das Pro­gramm vor. Vie­le sind gekom­men und bli­cken gespannt auf den Tag und in den Him­mel. Am Vor­tag in Spey­er war es son­nig und warm, aber heu­te am 3. Okto­ber will es auf ein­mal Herbst wer­den. Der Tag ist so auf­ge­baut, dass wir uns zuerst inten­siv mit der Kir­che aus­ein­an­der­set­zen. Der rhei­ni­sche Sand­stein schim­mert in vie­len Rot und Rosa­tö­nen. Um den Teil­neh­mern das Mischen zu erleich­tern, gibt es für jeden eine Dot-Card (getrock­ne­te Trop­fen von Aqua­rell­far­ben auf Kar­ton) in des­sen Far­ben. Ein biss­chen Bau­ge­schich­te gibt es vor­ab, schließ­lich ste­hen wir vor dem kleins­ten der drei Kai­ser­do­me. Eini­ge fin­den den Weg hin­ein in die Mes­se mit Chor­ge­sang und zeich­nen drin­nen – geschützt vor dem Regen.

Auf­wär­men im Café am Dom

Bis Mit­tag ver­tei­len sich die Zeich­ne­rIn­nen rund um das Bau­werk. Man­chen ist es schon jetzt zu frisch, aber das Café gegen­über bie­tet zu Kaf­fee und einem zwei­ten Früh­stück einen Zeich­ner­blick auf die Kir­che als Gra­tis­bei­la­ge an. Als es auf 13:00 zugeht, fin­den sich fast 30 Per­so­nen auf der Ter­ras­se im Frei­en ein, um Sketch­books, Stem­pel und Geschich­ten auszutauschen.

 Zeichnen in der Judengasse
Zeich­nen in der Judengasse

Lei­der prüft der Him­mel ab jetzt unse­re Stand­haf­tig­keit und öff­net lang­sam sei­ne Schleu­sen. So etwas kann einen begeis­ter­ten Sket­cher, der außer­dem weiß, dass sich die Sai­son dem Ende zuneigt, nicht stop­pen. Mit dem Stadt­plan, in dem die inter­es­san­tes­ten Zei­chen-Spots mar­kiert sind, zieht die Kara­wa­ne wei­ter. Im alten Juden­vier­tel, den wei­te­ren roma­ni­schen Kir­chen oder der Fuß­gän­ger­zo­ne fin­det sich immer ein Motiv und ein Unter­stand. Eini­ge Uner­schüt­ter­li­che zeich­nen dicht anein­an­der gedrängt unter Schir­men weiter.

Doch es wird schon deut­lich frü­her dun­kel und irgend­wann ist allen kalt. Dank­bar sind wir daher der Stadt Worms, die uns ein Büro mit Blick auf das Luther­denk­mal zur Ver­fü­gung gestellt hat. Hier kann man sei­ne Sachen las­sen, sich auf­wär­men und sich aus­tau­schen. Am Ende des Tages haben wirk­lich (fast) alle bis zum Ende aus­ge­harrt und wir müs­sen vie­le Tische zusam­men rücken, damit all die vie­len, tol­len Lepo­rel­li dar­auf Platz fin­den. Mar­tin Rei­ners foto­gra­fiert. So vie­le unter­schied­li­che Blick­wei­sen auf eine Stadt und so vie­le unter­schied­li­che Arten sich aus­zu­drü­cken: das ist Urban Sketching.

Impressionen

Lepo­rel­lo und Dot-Card von Kat­ja Rosenberg
Natha­lie Pla­ner am Dom
Gabi und Natha­lie bei der Vor­stel­lung des Tagesprogramms
Stem­peln im Café 
Kat­ja Rosen­berg beim Zeichnen

Dan­ke für die Bild­do­ku­men­ta­ti­on an Mar­tin Reiners!