Victor Hugo – Der Rhein, Brief XXIII
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Organisation Anne Nilges
Bericht Anne Nilges
Titelbild Clara Schuster/Chris Fajen
Victor Hugo, der fantasievolle Zeichner
Victor Hugo erstellte im Laufe seines Lebens rund 4000 Zeichnungen. Dies ist damals weitgehend unbekannt gewesen; er zeigte sie nur selten. Vielmehr hielt er viele davon, vor allem die experimentellen Arbeiten, unter Verschluss. Neben den Reiseskizzen, die er bei seinen Reisen am Rhein um 1840 abends in der Unterkunft erstellte, zeichnete und malte er häufig freie fantasievolle Landschaften, die an Rhein-Burgen und Rhein-Landschaften erinnern.
Besonders interessant sind für mich seine freien Werke, die eine frühe Art der abstrakten Kunst darstellen: freie Formen und Tuscheklekse, die sich manchmal zu Burgen und Landschaften oder zu Fantasiewesen und Dämonen entwickeln.
Aufgrund seiner politischen Ansichten lebte er ab Mitte des 19. Jahrhunderts im Exil, auf den Kanalinseln Jersey und Guernsey. Dort hatte er eine zeichnerisch sehr kreative Zeit, in der er mit den verschiedensten Materialien und Techniken experimentierte. Er zeichnete und malte mit Tusche, Ruß, Kohlenstaub und Kaffeesatz, experimentierte mit Verschmieren, Kratzen und anderen Techniken. Beispiele siehe hier
Bei seinen fantasievollen Zeichnungen setzte er oft Schablonen und Collage- bzw. Abdruck-Monotypie-Elemente ein. Interessanterweise wurden diese Schablonen erst nach seinem Tod entdeckt und waren der größeren Öffentlichkeit bis in die 1960er Jahre weitgehend unbekannt.
Victor Hugos Schablonentechnik
Häufig ergänzten die Schablonen mit ihren klaren Silhouetten von Burgen und Schlössern Victor Hugos freie Tuschestudien. Er verwendete die Schablonen als Positiv- und Negativformen, um Tuscheflächen auf dem Blatt anzulegen. Auch die Papierschablonen selbst sind als Objekte sehenswert.
Diese Silhouetten-Technik inspirierte uns für den abendlichen Sketchwalk in Mainz.
Kurze Einführung in die Schablonentechnik für den von Victor Hugo inspirierten Sketchwalk
Die Silhouette bzw. der Umriss eines markanten Gebäudes wird auf dünnen Karton gezeichnet. Hier bietet es sich an, die Form zu vereinfachen, da sie hiernach ausgeschnitten werden muss. Es entstehen zwei Schablonen: eine Positivform des Gebäudes und eine Negativform auf dem verbleibenden Karton.
Beide Schablonen können nun genutzt werden, um die Formen mit Farbe oder Tusche mittels Pinsel oder Schwamm aufs Papier zu bringen (Vorsicht, nicht zu feucht, da die Farbe sonst unter die Schablone läuft). Die Schablonen können mehrfach verwendet und später als Collage eingeklebt werden.
Eine andere Technik ist das Abmaskieren. Umrisse werden mit Klebeband abgeklebt (maskiert) und mit Farbe oder Tusche übermalt (danach das Klebeband abziehen). Man kann auch nur mit Klebeband arbeiten und dies als gestalterisches Mittel auf dem Blatt belassen.
Der Nacht-Sketchwalk in Mainz
Wir treffen uns gegen Abend am Institut Français. Nach einer Einführung in die Schablonentechnik machen wir uns auf den Weg zum Dom, dessen eindrucksvolle Silhouette sich ideal für eine Schablone anbietet. Wir brauchen ein wenig Zeit, um uns mit der Technik vertraut zu machen. Vom Liebfrauenplatz aus geht es später über Heiliggeist und Zentrum Baukultur zur Ruine St. Christoph, die schön beleuchtet ein wunderbares Motiv ergibt.
Es ist ein wunderbar inspirierender Abend, den wir bei einem Wein im Café Blumen ausklingen lassen.