Bericht Gabi Wührmann
Titelbild Hertha Schäfer
In diesen Zeiten…
…trifft man sich virtuell. Am heutigen Samstag, Punkt 10 Uhr schaute man in neun bekannte Gesichter voller Vorfreude. Hatte bis März die Kälte das gemeinsame Zeichnen verhindert, so ist es heute im April die Angst vor Corana. Doch da, wo ein Sehnen ist, da finden sich Wege. 18 Süchtige, die anstatt auf Klappstühlen hockend dem Heuschnupfen trotzen, sitzen nun am heimischen Arbeitstisch und kämpfen etwas mit der Technik. Die eine hört man, sieht sie aber nicht, den anderen sieht man, aber ohne Ton.
Letztendlich findet sich alles und man wendet sich dem Thema zu. Dem Rhein bei Oberwesel wollen wir uns vereinfacht, nur mit Strich und Markern zeichnend stellen. Dem Blick Victor Hugo folgend wandern wir virtuell durch’s Rheintal.
Virtuelle Aussicht
Im Web dreht eine Kamera ihre stete Schleife über den Rhein, erst bei Dunst, bis es endlich etwas aufklart. Dank Google Streetview präsentieren sich einzelne Sichtpunkte in 360° Ansicht und machen die Motivsuche – so wie draußen – schwer. Nur dass man sich heute nicht vom Schreibtisch weg bewegen muss.
Doch irgendwie ist es dann ein Stück wie immer. Jeder sucht nach der Vorbesprechung seine Sachen zusammen, man verabredet Zeit und Treffpunkt und zieht seiner Wege. Das virtuelle Meeting pausiert bis 13.00 h. Und doch ist alles auch ganz anders. Keine Grüppchen, die zusammen sitzen und die konzentrierte Stille mit ein paar hingeworfenen Sätzen brechen. „Das Grün ist toll, wo hast Du das her?“, „Was mach‘ ich nur mit dem Baum da hinten, der steht irgendwie im Weg?“ Bist Du auch in Dortmund?“ Niemand, der umher geht und den anderen über die Schulter schaut. Die Inspiration oder auch die Ermutigung durch andere, sie fehlt dann doch ein bisschen sehr. Selbst die Passanten, teils scheu, teils mit neugierigen Fragen quälend, wären plötzlich nett. Wie oft ergibt sich so manch munteres Schwätzen, nur selten fällt ein negatives Wort.
Heute ist es nicht der Wind, der am Blatte zerrt und nervt. Es ist ganz still, nur der Router blubbert leise vor sich hin.
Dann ist es bald eins, die ersten posten schon. Da ist sie wieder, die ersehnte Inspiration. Schnell am Ende noch zwei kleine Stücke: schlicht, vereinfacht in nicht mal 10 Minuten. Jetzt hat man doch was, das scheint herzeigbar und es kann los gehen mit dem digitalen „throw down“.
Da sind fast alle wieder in 6 bis 9 kleinen Quadraten vor heimischer Büro-Kulisse. Gut, dass mein Schreibtisch nicht zu sehen ist, denn kein schwerer Rucksack kann die Farbenflut verknappen, so dass vor lauter Stiften das Blatt fast nicht mehr zu sehen. Man sieht nur mich und was ich zeige.
Virtueller Sketchbook Throwdown auf Zoom
Aber jetzt mal was Neues, was wir übernehmen werden: jeder kann mal zeigen und ausführlich dazu reden. In Großansicht und ein paar schnellen Worten, sieht man mehr und kann verstehen, warum es so und nicht anders gezeichnet wurde. Und da ist sie wieder, die herbei gewünschte Inspiration. Die nehm’ ich mit fürs nächste Mal.
Lasst uns hoffen, dass wir uns in situ wieder sehen. Vor Ort, wie immer und dann am schönen Rhein, gesund und munter.